Inhalt
Die 12-jährige Tochter des Psychiaters Viktor Lorenz verschwindet unter mysteriösen Umständen und auch nach vier Jahren gibt es weder eine Leiche, noch eine Spur. Viktor reist schließlich auf eine kleine Insel in der Nordsee und versucht dort intensiv, sich mit seiner Trauer auseinanderzusetzen, doch eine Unbekannte kommt ihm dazwischen: Die schöne Anna Spiegel, die unbedingt von ihm therapiert werden will. Anna leidet unter Wahnvorstellungen, in denen immer wieder ein kleines Mädchen vorkommt… und dieses Mädchen verschwand unter ebenso mysteriösen Umständen, wie Viktors Tochter Josy. Hat die Frau etwas mit dem verschwinden der Psychiatertochter zu tun? Oder handelt es sich hier um einen puren Zufall…?
Erster Satz des Buches
„Als die halbe Stunde verstrichen war, wusste er, dass er seine Tochter nie wiedersehen würde.“
Fazit
„Die Therapie“ ist ein Roman des Autors Sebstian Fitzek. Aufmerksam geworden bin ich auf seine Romane eigentlich schon länger, da ich jedoch in aller Regel eher im Fantasy-Genre unterwegs bin, habe ich seine Romane irgendwie immer beiseite geschoben. Da ich in letzter Zeit jedoch ganz gerne ein bisschen sprunghaft bin, was meine Leselust angeht, musste ich mir nun einfach einen seiner Romane vornehmen – denn was ich bisher gehört hatte, war durchweg positiv.
So schlug ich also die erste Seite auf und tauchte ein in die Welt des Psychiaters Viktor Larenz, dessen zwölfjährige Tochter Josy auf mysteriöse Weise verschwand. Keiner hat sie gesehen, es gibt keine Zeugen und auch keine Leiche – auch kein Erpresserbrief oder ähnliches gibt einen Hinweis auf den Verbleib von Viktors Tochter. Viktor und seine Frau sind am Boden zerstört, suchen und suchen und suchen nach ihrer Tochter, doch vergeblich. Vier Jahre später ist das Mädchen immernoch nicht aufgetaucht, doch der Psychiater will nicht aufgeben und hofft nach wie vor auf ein Lebenszeichen seines gelieben Kindes. Um ein wenig Ruhe zu finden, flüchtet er alleine, ohne seine Frau, auf eine Insel und erhofft sich so, sich mehr mit seiner Trauer beschäftigen zu können. Helfen soll ihm dabei ein Interview, in dem er Fragen über seine Gefühlswelt und seine Tochter beantworten soll, doch wie so oft kommt etwas dazwischen: Anna Spiegel, eine Patientin, die ihm bis auf die Insel folgt. Auch wenn Larenz seit 4 Jahren nicht mehr praktiziert, so wünscht sich Anna aus tiefster Seele, nur von ihm behandelt zu werden und lässt nicht locker, bis Larenz schließlich zustimmt. Die Therapie mit der jungen Frau erweist sich als haarsträubend, denn sie ist nicht nur schizophren und leidet unter Wahnvorstellungen, sie handeln auch noch von einem kleinen, verschwundenen Mädchen! Larenz verfängt sich mit jeder Sitzung mehr in den Erzählungen seiner Patientin und kommt nicht umhin zu bemerken, wie viele Parallelen die Geschichten von Anna zum Verschwinden seiner Tochter haben. Bald hat er nicht mehr die Therapie seiner Patientin im Sinn, sondern ist nur noch damit beschäftigt herauszufinden, was mit Josy passiert ist…
Viktor Larenz ist ein grandioser Psychiater, der sich nach dem Verschwinden seiner Tochter aus dem Berufsleben zurückgezogen hat. Verständlicherweise konnte er sich wohl nicht mehr auf das Leid anderer konzentrieren, wo ihm doch selbst so unsagbar großes Leid zugefügt wurde und er seine Tochter mehr vermisst, als alles andere. Als Leser kann man sich in die Situation des Viktor Larenz äußerst gut hineinversetzen, denn ein jeder von uns kann sich wohl vorstellen was man durchmacht, wenn ein geliebter Mensch so einfach verschwindet! Die Ungewissheit zerfrisst einen und bringt einen wohl selbst an den Rande der Verzweiflung.. man beginnt sich unweigerlich zu fragen: Was würde ich tun, wie würde ich mich fühlen? Und so fühlen wir uns dem zurückgelassenen Vater dann schon ein ganzes Stück näher. Als er sich auf die Insel flüchtet und dort versucht, sich mit seiner Trauer zu beschäftigen, kommt ihm eine seltsame Frau dazwischen, die den weiten Weg auf sich genommen hat, nur um von ihm therapiert zu werden – obwohl er eigentlich nicht mehr praktiziert.
Die Geschichte, die Anna zu erzählen hat, ist ebenso spannend, wie auch skurril und man weiß eigentlich von Anfang an nicht so recht, in welche Schublade man die außergewöhnliche Frau packen soll! Zeitweise wirkt sie verwirrt und verängstigt, durch ihre eigenen Halluzinationen und gepeinigt von ihrer Erkrankung, andererseits scheint sie ein doppeltes Spiel zu spielen und die Dinge, die sie erzählt, sind einfach ein wenig ZU speziell, um nur Zufall zu sein. Es ist schwierig, sich als Leser ein wirkliches Bild zu machen und während dem Lesen entwickelte ich ständig eine neue Theorie, was denn nun an dieser Geschichte dran sein könnte. Doch eines kann ich euch versichern: Ich kam nicht darauf, wie dies alles zusammenpasst und genau das macht diesen Roman zu einer so wahnsinnig spannenden und mitreißenden Lektüre! Nichts ist vorhersehbar, alles offen und jede neue Wendung bringt mehr Fragen mit sich, die man sich selbst beim besten Willen nicht beantworten kann.
Die Beschreibungen, die nebenher einfließen, ließen mich ein vollständiges Bild der Umgebung vor meinem geistigen Auge sehen und wenn ich mich nun wieder dort hineindenke, sehe ich mich selbst über die kleine Nordseeinsel Parkum wandern (im Regen!) und aufs Meer hinausschauen – oder am Strand sitzen, mit einem Buch (Fitzek? :D) in der Hand und darauf warten, dass die Nordsee nach der Ebbe zurückkommt…
Insgesamt kann ich euch dieses Buch nur wärmstens ans Herz legen: die Charaktere sind wahnsinnig gut ausgearbeitet, die Story etwas ganz anderes, die Hintergründe unvorhersehbar und das Gesamtbild – umwerfend.
Wertung: 5 von 5 Sterne!
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