Inhalt
Manchmal verändert sich das Leben von der einen auf die andere Sekunde – das muss auch die zehnjährige Melanie „Melli“ erfahren, denn ihre zwölfjährige Schwester Anni kommt bei einem Unfall ums Leben und plötzlich ist nichts mehr so, wie es einmal war. Melli erlebt alles aus nächster Nähe mit, versucht aber für ihre Mutter stark zu sein und verbirgt so ihre eigene Trauer. Verdängen, heißt hier das Zauberwort. Als jedoch ein erneuter Todesfall die Familie erschüttert, bricht ihre Fassade zusammen und Melli muss lernen, mit Verlusten umzugehen…


Zitate 
„Von der schweinchenblauen Tapete sah man kaum noch etwas. Ich nannte es schweinchenblau, weil es ein blau war, das genauso gut rosa hätte sein können. Vielleicht versteht ihr, welche Art blau ich meine.“

„>Nein. Nein. Nein. Nicht mein Kind!< Danach hörte ich nichts mehr. Ich sah nur den Mund des Arztes auf und zu klappen. Zwei weitere Gestalten in Weiß schwebten um uns herum. Ich starrte in das verzerrte Gesicht meiner Mutter. Hinter ihr stand mein Opa, der seine Hände auf ihre Schultern presste. Unter seinen Randlosen Brillengläsern tropfte es nass heraus. Er suchte meinen Blick, während ich nur starrte und mein Mund sich anfühlte, als könnte ich ihn niemals wieder öffnen. Ich sah auch, wie sich die Lippen meines Großvaters bewegten und er auf mich deutete. Das alles ist nun schon so viele Jahre her, fast mein halbes Leben und trotzdem kann ich mich an bestimmte Dinge ganz genau erinnern. Anderes liegt im dunkeln.“

Erster Satz des Buches
„Wisst ihr, wie es sich anfühlt, wenn die Welt zerbricht?“


Fazit
„Einfach so“ ist ein Roman der Autorin Kerstin Michelsen. Aufmerksam geworden bin ich auf dieses Buch, da die Autorin vor einiger Zeit bei mir anfragte, ob ich gerne ihren Roman rezensieren würde, was ich dankend annahm. Gerade die Thematik des Todes und der Trauer, die damit einhergeht, empfinde ich als „spanndend“ und „interessant“, vermutlich hängt dies auch damit zusammen, dass ich bisher keinen wirklichen Todesfall miterleben musste. Auf gewisse Weise hoffe ich manchmal, mich durch das Lesen solcher Romane vielleicht irgendwie besser darauf vorbereiten zu können, eigentlich weiß ich jedoch, dass einen nichts auf solch eine Situation vorbereiten kann.

Melli begegnet uns zu Anfang als ganz normales, 10 – jähriges Mädchen, das Nesthäkchen der Familie. Sie schreibt gerne Tagebuch und versteht sich wunderbar mit ihrer großen Schwester Anni. Ihr Bruder Nick, der auf Grund seines Alters (14) ganz andere Interessen hegt, zieht sich momentan eher etwas von ihr zurück, was Melli jedoch, nach eingehenden Gesprächen mit ihrer Mutter, einfach mal so hinnimmt. Trotzdem fragt sie sich natürlich, ob ihr Bruder sie vielleicht nicht mehr so lieb hat, da er ihr stellenweise eher aus dem Weg geht und sie nichtmal mehr so einfach in den Arm nimmt, wie früher.

Erzählt wird die Geschichte von Melli selbst, allerdings ist sie schon etwas älter und erlebt die „Geschichte“ nicht gerade erst. Im Verlauf des Buches fragt sich Melli immer und immer wieder, was sie während des tödlichen Unfalls ihrer Schwester getan hat, wie sie sich beschäftigt hat, was in jeder einzelnen Minute passiert ist, während ihre Schwester um ihr Leben gekämpft hat. Dies fand ich einen sehr interessanten Aspekt, vorallem weil ich mir gut vorstellen kann, dass es wohl den meisten Menschen so geht – sie fragen sich, welche normalen Bahnen ihr Leben genommen hat, während ein lieber Mensch sein Leben lassen muss. 

Melli hat große Probleme den Tod ihrer Schwester zu verarbeiten, ihr bester Freund ist die Verdrängung.Während der Planung für die Beerdigung, der Beerdigung selbst und der Zeit nach Annis Tod versucht sie nach wie vor stark zu bleiben und nichts zu sehr an sich heran zu lassen. Sie ist der Meinung, dass sie ihrer Familie und besonders ihrer Mutter nicht auch noch ihre Trauer zumuten kann und zieht sich innerlich doch ziemlich zurück.

Als der nächste Todesfall einige Jahre später wieder Mellis Gefühle in Aufruhr bringt, kann sie das ganze nicht mehr verdrängen und ihre ganze Gefühlswelt gerät gefährlich ins wanken. Mellis Verhalten ist durchaus menschlich und ich für meinen Teil wartete bis zu diesem Zeitpunkt hin dauerhaft darauf, dass Melli zusammenbricht. Ihr Verhalten, ihr Verdrängen und das „nicht-zulassen“ der Gefühle konnte erfahrungsgemäß einfach nicht dauerhaft gut gehen und nun muss sie sich mit etwas auseinandersetzen, dass sie seit Jahren verdrängt – dass das nicht ganz einfach ist, kann sich wahrlich jeder von uns vorstellen.


In diesem Roman laufen die Ereignisse nicht immer ganz nach einer logischen Reihenfolge ab, durch das Springen innerhalb der Zeitschiene werden manche Informationen erst später gegeben, andere etwas früher. Zu Beginn fand ich das etwas verwirrend, nach und nach konnte ich mich jedoch gut damit arrangieren – auch wenn dies nach wie vor ein kleiner Kritikpunkt meinerseits sein wird. Insgesamt war ich jedoch von diesem Buch mehr als überzeugt, die Gefühle sprechen aus diesem Buch und als Leser kann man sich in jede einzelne Situation, jede einzelne Gefühlsregung der kleinen Melli hineinversetzen. Manchmal möchte man sie einfach in den Arm nehmen und lieb haben, manchmal möchte man sie aber auch einfach mal schütteln und sie dazu bringen ihren Gefühlen freien Lauf zu lassen. Dieser Roman überzeugt mit einer wundervollen, traurigen und realistischen Geschichte und lässt uns in das Leben und die Gefühlswelt eines 10 jährigen Mädchens eintauchen, dass stellenweise eine Stärke besitzt, von der andere kaum zu träumen wagen – zumindest für ein so junges Mädchen.


Wertung: 5 von 5 Sternen!

Ein herzliches „DANKESCHÖN“ an die Autorin, für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplares!
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