Inhalt
Niki, Mitte 40, 98 Kilo
schwer, Köchin, eigentlich glücklich verheiratet – traut ihren Augen kaum, als
sie ihren Mann mitten auf der Straße dabei beobachtet, wie er mit einer blonden
Größe 34 knutscht und beschließt: So kann das nicht weitergehen, jetzt wird
abgenommen. Gesagt, getan. Kurzerhand macht sie sich mit der Kreditkarte ihres
Mannes auf in eine Fastenklinik in der Schweiz um den Pfunden den Kampf
anzusagen und anschließend ihren Mann zurück zu erobern…
Zitate
„Mit einem Schluchzer in der
Kehle ging sie an den spiegelnden Schaufenstern vorbei. Sie war fünfundvierzig,
und sie war kein schlechter Mensch, aber sie musste zugeben, dass sie aussah
wie Moby Dick im Trockendock.“
Fazit
„Das bisschen Kuchen“ ist
der zweite Roman der Autorin Ellen Berg. Zugegebenermaßen hätte ich mir diesen
Roman wohl niemals gekauft, da mich der Klappentext allerdings neugierig
gemacht hatte, machte ich bei einem Gewinnspiel bei Lovelybooks mit und gewann
prompt eines der Exemplare. Eines schönen Abends packte mich also die Lust auf
dieses Buch und ich begann es zu lesen – und wurde überrascht! Statt eines
mäßig lustigen Frauenroman, durch den man sich eben mal so durchquälen muss,
hielt ich ein echtes Schmuckstück in den Händen.
Unsere erste Begegnung mit
Niki findet in der Umkleidekabine eines bekannten Designer-Labels statt, in der
die 45 jährige gerade dabei ist in einem viel zu engen Kleid zu verzweifeln. Bereits
diese erste Begegnung lies sie mir äußerst sympathisch erscheinen, konnte ich,
als ehemals sehr kräftiger Mensch, ihre Problematik doch mehr als nur ein
bisschen nachvollziehen. Die stichelnde – und als ob Gott nicht manchmal schon
grausam genug gewesen wäre – auch gertenschlanke Verkäuferin im Nacken verlässt
Niki schlussendlich wutschnaubend den Laden und wandert weiter die Straße
entlang, wo ihr natürlich als erstes ein Cafe auffällt. Aus lauter Frustration
über den misslungenen Einkauf genehmigt sich sie gute dann gleich mal 3 Stück
Kuchen, 2 Mandelhörnchen und einen fetten Latte Macchiato, ungeachtet der
Tatsache, dass diese Völlerei verantwortlich für das Desaster in der
Umkleidekabine ist. Als sie ihren Mann dann kurze Zeit später dabei beobachtet,
wie er  mit einer schlanken Blondine auf
offener Straße herumknutscht fasst sie einen Entschluss: Es wird Zeit
abzunehmen. Zugegeben: Ich bewundere Niki einerseits für ihre gewahrte Fassung,
andererseits für den Kämpferwillen, den sie an den Tag legt. Statt ihrem Mann
auf offener Straße eine Szene zu machen oder ihn später zur Rede zu stellen,
packt sie ihre Sachen und verschwindet sang- und klanglos. Niki begegnet uns
also von Anfang an als sympathische Dame in den mittleren Jahren, die im Laufe
des Romans ihren Kämpferwillen neu entdeckt und – trotz der Tatsache, dass sie
eigentlich abnimmt um ihrem Mann wieder zu gefallen – ganz sie selbst
bleibt.  Außerdem muss unsere gute Niki
erkennen, dass man mit Vorurteilen manchmal ganz schön falsch liegen kann und
dass manchmal gar nicht alles so ist, wie es auf den ersten Blick scheint.
Manchmal muss man ein bisschen genauer hinsehen, hinter die Fassade blicken –
man könnte eine Überraschung erleben!
Walpurga, die Niki während
ihrer Kur kennenlernt, scheint am Anfang eine wahre „Cindy aus Marzahn“ zu
sein, entpuppt sich jedoch im Laufe des Romanes als zuverlässige, hilfsbereite
und sehr sympathische, wenn auch etwas anstrengende Persönlichkeit. Walpurga
ist kein Kleid zu kurz, keine Sünde zu schwerwiegend und kein Kommentar zu
unpassend. Walpurga versüßt uns als Lesern dieses Buch auf jegliche Weise und
ohne sie würde in diesem Roman einiges an Humor fehlen. Für mich stellt sie
eine der wunderbarsten Nebenfiguren in diesem Roman dar, zum einen weil sie
Niki so manches Mal aus der Patsche hilft, zum anderen weil sie einen
unschlagbaren, unnachahmlichen Charakter zu haben scheint, den man „nach
näherem hinsehen“ einfach mögen muss.
Nikis Mann Wolfgang, sowie
ihre Tochter Peggy treten mal mehr, mal weniger in Aktion, ich persönlich muss
aber von beiden ausnahmslos sagen, dass sie mir sehr unsympathisch aufgefallen
sind. Beide wirken egoistisch und falsch zu sein, trauen Niki nichts zu und
sind der Ansicht, dass sie nicht über ihr eigenes Leben entscheiden kann, was
jedoch ganz und gar nicht der Fall ist.
Alexis, Tamara und Leo,
ebenfalls „Bewohner“ der Fastenklinik traten mal mehr mal weniger auf, wobei
mir Tamara und Alexis nur sehr schleierhaft im Kopf geblieben sind. Leo war mir
von Anfang an sehr sympathisch und ich freute mich über jeden seiner Auftritte.
Insgesamt kann man also
folgendes zu diesem Roman sagen: „Das bisschen Kuchen“ strotzt nur so vor
Humor, beweist aber trotz alledem ein hohes Maß an Gefühlen und einer
Ernsthaftigkeit, wie sie wohl nicht jeder Autor bei solch einem Thema an den
Tag legen könnte. Das Thema Übergewicht stellt in unserer Gesellschaft häufig ein
eher schwierigeres Thema dar, dicke Menschen fühlen sich oft ungeliebt und
werden vermutlich teilweise auch wirklich anders behandelt als normalgewichtige
und die meisten haben wohl ohne jeden Zweifel große Probleme damit, dies mit
etwas mehr Humor oder Leichtigkeit zu sehen, oder gar zu akzeptieren dass man
sie trotzdem liebt, egal wie sie aussehen.
Dieses Buch beweist einmal
mehr, dass es nicht immer nur darauf ankommt wie man aussieht, wie viel man auf
die Waage bringt oder welche Kleidergröße man besitzt, es vermittelt vielmehr
wichtige Werte, zeigt, dass sich auch dickere Menschen in ihrer Haut wohl
fühlen können und sich nicht für ihre Figur zu schämen brauchen und genauso
geliebt werden, wie jeder andere von uns auch. Ich hoffe sehr, dass diese
Rezension nicht missverstanden wird, natürlich muss man sich als korpulenter
Mensch nicht zwangsläufig schlecht fühlen – ich für meinen Teil kann nur aus
meinem eigenen Erfahrungsschatz sprechen und möchte andere an meinen Gedanken
teilhaben lassen – vielleicht hilft es ja dem ein oder anderen doch, eine etwas
andere Sichtweise für manche Dinge zu entwickeln.

Wertung: 5 von 5 Sternen!
Gefällt Dir dieser Beitrag? Dann teile ihn doch mit Deinen Freunden!